Was ist eine Schwangerschaftsdermatose? Ein Beitrag für Schwangere mit atopischer Veranlagung.
Was ist Schwangerschaftsdermatose?
Gesundes Hautbild (links) vs. Gestörte Hautschutzbarriere (rechts)
Schwangerschaftsdermatose ist die häufigste Hauterkrankung während der Schwangerschaft. Sie zeigt sich in Form von juckenden Papeln und Knötchen, die in erster Linie in den Ellen- und Kniebeugen, im Gesicht, an Hals und Dekolleté in Erscheinung treten.
Verantwortlich dafür ist eine gestörte Hautschutzbarriere. Es wird vermehrt Feuchtigkeit abgegeben, die Haut trocknet stark aus und wird zur leichten Angriffsfläche für Keime und Allergene.
Synonym wird bei einer Schwangerschaftsdermatose von Neurodermitis in der Schwangerschaft gesprochen. Es handelt sich also um eine Hautkrankheit, die bei Frauen auftreten kann, bei denen eine atopische Diathese vorhanden ist.
Neurodermitis in der Schwangerschaft tritt meist in der ersten Schwangerschaftshälfte auf, klingt häufig direkt nach der Entbindung ab oder begleitet die junge Mutter noch einige Monate mehr.
Was bedeutet atopische Diathese?
Atopische Diathese meint eine erbliche Veranlagung für die Ausbildung von allergischen bzw. immunologischen Reaktionen auf natürliche oder künstliche Umweltstoffe.
So können allergieauslösende Stoffe (Allergene) und andere Reizstoffe eine übersteigerte „Abwehr“-Reaktion des Immunsystems zur Folge haben.
Es kommt zu Erkrankungsformen, die unter dem Sammelbegriff atopischer Formenkreis zusammengefasst werden.
Zum atopischen Formenkreis zählen:
- Atopische Dermatitis (Neurodermitis)
- Allergisches Asthma bronchiale
- Allergischer Schnupfen mit Bindehautentzündung (Rhinokunjunktivitis)
- Heuschnupfen (allergische Rhinitis)
- Hausstaubmilbenallergie
- Nahrungsmittelallergien
Schwanger und erstmals eine Hautkrankheit?
Hautrötungen, Ekzeme und dieser starke Juckreiz sind eine ganz neue Erfahrung für dich? Damit bist du nicht alleine.
In einem Fünftel der Fälle handelt es sich wahrscheinlich um eine Exazerbation eines vorbestehenden Atopischen Ekzems, beim Restanteil kommt es allerdings in der Schwangerschaft erstmals zum Auftreten von atopischen Hautveränderungen. ¹
Dies bedeutet also, dass die meisten Frauen entweder erstmals an Neurodermitis erkranken (Erstmanifestion) bzw. erstmals nach ihrer Kindheit (Remanifestation). Lediglich 20% erleben die Verschlimmerung einer bestehenden atopischen Hauterkrankung (Exazerbation).
Wodurch wird eine Schwangerschaftsdermatose ausgelöst?
Bei Schwangeren aus Familien mit einer atopischen Vorgeschichte bricht eine Schwangerschaftsdermatose meist im Zuge der hormonellen Umstellung aus. Durch die Schwangerschaft wird das körpereigene Abwehrsystem durcheinandergewirbelt; und dies häufig zum Nachteil für die bisher bzw. lange exzemfreie Haut.
Verschwinden die Ekzeme nach der Schwangerschaft wieder?
So schnell wie der gerötete, juckende Ausschlag auftritt, ist er meist nach der Schwangerschaft wieder verschwunden. In manchen Fällen überdauert die Dermatose einige Monate nach der Geburt.
Da allerdings im Normalfall eine atopische Veranlagung vorliegt, tritt Neurodermitis mit großer Wahrscheinlichkeit in der nächsten Schwangerschaft erneut auf.
Diagnose Neurodermitis: das kannst du für deine Haut tun
Sobald du ungewöhnliche Hautrötungen, Ekzeme, juckende Knötchen und/oder Pappeln bemerkst, solltest du dir fachmännische Hilfe suchen. Dies kann der Dermatologe oder die Naturmedizinerin deines Vertrauens sein. Darüber lässt sich herausfinden, ob es sich tatsächlich um eine Schwangerschaftsdermatose handelt und welche Therapieformen es gibt.
Allerdings kannst du auch selbst dazu beitragen, den Juckreiz zu lindern.
Es folgen allgemeine Empfehlungen für den richtigen Umgang mit exzemgeplagter Haut im Alltag.
Das tut trockener, juckender Haut gut:
- Kurzes Duschen oder Baden
- Atupfen der Haut statt mit dem Handtuch abrubbeln
- Eincremen nach dem Duschen/Baden
- Die Haut morgens und abends mit einer feuchtigkeitsspendenden und rückfettenden Creme pflegen (lass sich hierzu unbedingt fachmännisch beraten!)
- Kühlen beruhigt den Juckreiz (Cool-Packs, kühlende Umschläge)
Darauf solltest du zusätzlich achten:
- Vorsicht bei allergieauslösenden Nahrungsmitteln: Nüsse, Milch, Fisch, Zitrusfrüchte
- Finger weg von synthetischen und kratzigen (z.B. Wolle) Textilien!
Vermeide Stress!
Dauerhafte Anspannung sorgt dafür, dass vermehrt Stresshormone ausgeschüttet werden. Diese wiederum beeinflussen das Immunsystem, was bei einer Neurodermitis akute Schübe auslösen kann.
Ist eine Schwangerschaftsdermatose vererbbar?
Eine Schwangerschaftsdermatose tritt – wie der Begriff bereits verrät – punktuell während der Schwangerschaft auf. Da jedoch meist eine atopische Veranlagung zu Grunde liegt, ist es durchaus möglich, dass eines oder mehrere deiner Kinder an einer Form des atopischen Ekzems erkranken .
Wie wahrscheinlich es ist, dass dein Baby eine Neurodermitis oder eine andere Krankheit aus dem atopischen Formenkreis entwickelt, hängt mitunter von der Veranlagung der Eltern ab.
- Beide Elternteile haben Neurodermitis: das Risiko für dein Baby liegt bei 60-80%
- Beide Elternteile haben Asthma oder Heuschnupfen: 40-60%
- Nur ein Elternteil hat Neurodermitis: 20-40%
Wie kann das Risiko einer Vererbung reduzieren?
Es gibt kein Patentrezept, das dein Kind vor einer späteren Neurodermitis, vor Asthma oder Heuschnupfen bewahrt. Aber du kannst dein Bestes dafür tun, um da Risiko zu reduzieren.
Rauchen ist Tabu
Sowohl aktives als auch passives Rauchen während Schwangerschaft und Stillzeit erhöht das Risiko einer späteren Neurodermitis bei vorhandener Veranlagung deutlich.
Während aber auch nach der Geburt sollte Zigarettenqualm von einem Baby ferngehalten werden. Da dieser in der Luft, auf der Kleidung und der Haut haftet, ja, sogar in die Muttermilch übergeht, ist ein Baby die wohl beste Gelegenheit, um das Rauchen ganz aufzugeben.
Stillen als wichtiger Schutzfaktor
Stille dein Baby – wenn möglich – mindestens 4 Monate ausschließlich. Dies ist gerade bei Risikokindern, die aus einer Familie mit atopischer Vorgeschichte stammen, wichtig.
In Ausnahmefällen kann es noch während der Stillzeit zu ersten Anzeichen eines atopischen Ekzems kommen. Auslöser können Allergene sein, die über die Muttermilch übertragen wurden. Sollte dies der Fall sein, kann eine Umstellung auf eine hydrolysierte Säuglingsnahrung ratsam sein.
Ausgebildete Stillberaterinnerinnen beraten dich sicherlich gerne. Gerne empfehle ich hier La Leche Liga.
Allergene und Triggerfaktoren
Fürchtest du, dein Baby könnte eine Krankheit des atopischen Formenkreises entwickeln oder treten bereits erste Anzeichen in Erscheinung, empfiehlt es sich, Allergene und Triggerfaktoren zu meiden.
Dazu zählen unter anderem Duftstoffe in Waschmitteln, schadstoffbelastete Textilien, Hausstaubmilben, synthetische sowie Kleidung aus tierischen Fasern.
Prävention - Probiotika
Laut Heilpraktikerin Ramona Wanninger können Prävention-Probiotika Babys schon während der Schwangerschaft und nach der Geburt vor Neurodermitis schützen.
Ist die Hautkrankheit gefährlich für mein Ungeborenes?
Sei unbesorgt: die Schwangerschaftsdermatose selbst stellt keine Gefahr für dein ungeborenes Baby dar. Vorsicht ist nur bei Medikamenten und Behandlungsmethoden geboten, die für die Linderung der Dermatose zum Einsatz kommen. Konsultiere hier immer zuerst deinen behandelnden Arzt bzw. Heilpraktiker.
Im Beitrag ➽ Neurodermitis Baby findest du eine Übersicht über die häufigsten Triggerfaktoren
Schwangerschaftsdermatose als Chance
Neurodermitis in der Schwangerschaft ist sehr sehr unangenehm, keine Frage. Und doch kannst du versuchen, das Positive daran zu erkennen.
Juckende Ekzeme sind die Folge einer gestörten Hautschutzbarriere. Keime und Bakterien können eindringen, Entzündungen und Ekzeme hervorrufen.
Dein Baby wird vermutlich mit einer makellosen Haut zur Welt kommen. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass die seidig zarte Babyhaut gegen Allergenen und Reizstoffe gewappnet ist. Das Gegenteil ist der Fall.
Gesunde Haut eines Erwachsenen (links) vs. unreife Säuglingshaut (rechts)
Säuglingshaut
- trocknet extrem schnell aus
- hat einen unreifen Säureschutzmantel, der Keimen und Schadstoffen den Weg ins Körperinnere bahnt
- hat eine Hautschutzbarriere, die 30% dünner ist als die eines Erwachsenen
So haben die meisten – vor allem hellhäutigen Babys – in den ersten Monaten mit Rötungen, Ekzemen und wunden Hautpartien zu tun. Diese werden durch Hitze, Trockenheit, Schwitzen und noch viele weitere Faktoren ausgelöst.
Du musstest durch eine Schwangerschaftsdermatose schmerzlich erfahren, wie empfindlich eine schwache Hautbarriere auf äußere Einflüsse reagieren kann. Nutze dieses Wissen und unterstütze dein Baby dabei, ein gesundes, starkes Hautbild zu entwickeln.
(Neu)geborene Haut braucht ähnlichen Schutz wie deine
Mit der richtigen Hautpflege und Kleidung trägst du ganz entscheidend zu einem gesunden Hautbild deines Babys bei. Hier ein paar grundlegende Ratschläge:
Schonende Hautpflege
Da meine Expertise nicht in der Hautpflege ist, sondern vielmehr in hautfreundlichen Textilien liegt, habe ich die Frage nach der richtige Hautpflege an Heilpraktikerin Ramona Wanninger gerichtet. Unser Interview findest du am Ende dieses Beitrags.
Hautschonende Kleidung
Konventionelle Babykleidung enthält oftmals eine Menge Schadstoffe, die sich erst nach mehreren Waschgängen aus den Textilien lösen. Hinzu kommt, dass bei günstiger Babykleidung mit zeitsparenden, rauen Nähten und Synthetiketiketten gearbeitet wird.
Es sind also prinzipiell 3 große Bestandteile von konventioneller Babykleidung, die Hautirrationen auslösen können:
- Schadstoffe bzw schädliche Chemikalien, die dem Kleidungsstück besondere Eigenschaften verleihen (extra weich, kräftig bunt, pflegeleicht …)
- Raue Nähte, bei denen synthetische, hautirritierende Fäden zum Einsatz kommen
- Synthetiketiketten, die auf der sensiblen Babyhaut Spuren hinterlassen und Unwohlsein verursachen
Ökologische Strampler und Bodys hingegen durchlaufen strengere Kontrollen, was die verwendeten Chemikalien in der Textilproduktion angeht. Für die Nähte gibt es keine Richtlinien, daher solltest du am besten selbst fühlen und entscheiden, ob du diese als angenehm empfindest. Etiketten sind in der Bio-Branche meist aus Baumwolle oder sie werden direkt auf das Kleidungsstück gedruckt.
Bio-zertifizierte Stoffe müssen frei von Schadstoffen sein. Das heißt, darüber sollten keine schädlichen Substanzen die Babyhaut irritierten.
Möchtest du zudem auf Nummer sicher gehen, dass auch nach dem 3. oder 4. Waschgang nichts kratzt und sich die Bildung von Pilling2 in Grenzen hält, solltest du auf die Baumwollqualität achten. Umso länger die Baumwollfasern desto weicher sind die Stoffe.
Peruanische Pima Baumwolle zählt zu den hochwertigsten Naturfasern auf dem Markt. Chill n Feel entwickelt ➽ hautschonende Erstlingssets.
Luna Mum sowie der Ratgeber Neurodermitis empfehlen peruanische Pima Baumwolle für Säuglings- und Neurodermitis-geplagte Haut.
Pima-Baumwolle gilt als besonders weich und ist darum besonders hautverträglich (Luna Mum)
Die Kleidung sollte weich und leicht sein. Besonders gut geeignet sind Textilien aus Baumwolle, z.B. Pima-Baumwolle. Dies gilt ebenfalls für die Bettwäsche. Dadurch lässt sich ein Wärmestau auf der Haut, der den Juckreiz verstärkt, vermeiden (Ratgeber Neurodermitis)
Ratschläge aus der Naturheilkunde
Heilpraktikerin Ramona Wanninger (Praxis Sena) arbeitet regelmäßig mit kleinen und großen Patienten, die am atopischen Ekzem erkrankt sind. Sie verrät uns an dieser Stelle,
- welche natürlichen Mittel die Haut bei einer Schwangerschaftsdermatose beruhigen
- was bei der Pflege von Säuglingshaut zu beachten ist und
- wie eine gestörte Hautschutzbarriere natürlich “versiegelt” werden kann
Zur äußerlichen Anwendung eignen sich besonders Kompressen und Wickel. Bei Schwangerschaftsdermatose und besonders trockener Haut können auch Öl- und Weizenkleie-Bäder helfen.
Sie tragen dazu bei, die Haut vor Austrocknung zu schützen. Eine besonders entzündungshemmende Wirkung haben Bädern mit Eichen- oder Buchenrinden-Extrakten.
Wichtig ist es, die Haut nur mit einer rückfettenden Salbe oder Creme pflegen.
– Weniger ist oft mehr.
Ein Bad bietet viele Vorteile: Es reinigt, entspannt und bereitet die Haut auf die Pflege vor. Das Bad sollte aber nicht zu lange dauern und das Wasser sollte nicht zu heiß sein: max. 37° C – da Hitze den Juckreiz fördert.
Wichtig! Babys nicht zu oft baden (1-2 Mal die Woche) und ausschließlich seifenfreie Produkte benutzen.
Zu empfehlen sind Hamamelisbäder oder eine Hamamelissalbe.
Dies sind Zubereitungen aus Zaubernussblättern oder-rinde, die durch ihren Gehalt an Gerbstoffen und entzündungshemmenden Substanzen Hautreizungen vorbeugen bzw. zum Teil auch heilen können und somit eine Art Schutzschicht auf der Haut erzeugen.
Dies funktioniert natürlich auch bei irritierter Babyhaut.
¹ Dermatologisches Ambulatorium des Stadtspitals Triemli